Pitigliano, Sorano und Sovana: magische Tuffstein Städte in der Toskana

12.12.2023

Dass die Dörfer der Toskana oft auf Hügeln liegen, ist bekannt. Im Süden der Toskana – genau genommen in der Maremma Region - sind sie sogar auf vulkanische Tuffsteinfelsen gebaut, was ihnen ein ganz besonderes Flair verleiht. Insgesamt finden sich drei Tuffsteinstädte in der Area del Tufo (dem Tuffsteingebiet): Sovana, Sorano und der heimliche Star unter ihnen – Pitigliano. Fast wirkt es, als wären die Städte selbst Teil der roten Felsen. Gekrönt wird die imposante Lage durch tiefe Schluchten und grüne Wälder. Noch dazu kannst du hier auf den Spuren der Etrusker wandeln, gibt es rund um die Tuffstein Städte zahlreiche Ausgrabungsstätten zu entdecken. Wir haben alle drei Orte, sowie eine Ausgrabungsstätte besucht und waren im Nullkommanichts verzaubert.

Pitigliano: Geschichtsträchtige Tuffstein-Stadt im Süden der Toskana

Auch wenn alle Tuffsteinstädte malerisch schön sind, ist Pitigliano die am meisten besuchte unter ihnen. Und dies liegt nicht nur an der wahrlich spektakulären Architektur, die auf exponierten Felsen thront und dir schon aus der Ferne den Atem rauben wird, sondern auch an der besonderen Geschichte. Gegründet wurden die Tuffsteinstädte bereits vor über 3000 Jahren von den Etruskern. So lassen sich in und um Pitigliano zahlreiche archäologische Museen und Ausgrabungsstätten finden. In Pitigliano gibt es zudem ein mittelalterliches Aquädukt und tausende Jahre alte Hohlwege, die sich unterhalb der Stadt durch die meterhohen Felsen schlängeln. Beeindruckend, oder? Doch sind die Etrusker nur ein Teil der Geschichte. So galt Pitigliano lange Zeit als kleines Jerusalem von Italien und blickt auf eine emotionale Geschichte zurück, die im 16 Jahrhundert ihren Anfang nahm.

Exkurs: das toskanische Jerusalem

Der für die damalige Zeit aufgeklärte Fürst schätzte seinen jüdischen Medicus so sehr, dass er ihm Land in Pitigliano schenkte, auf welchen dieser einen jüdischen Friedhof errichtete. Später wurde eine Synagoge gebaut und mehr und mehr bildete sich ein jüdisches Stadtviertel heraus, dessen Gemeinde erstaunlich gut integriert war. Und obwohl die Medici begannen, Juden in Ghettos zu verdrängen, wurden die Jüdischen Mitbürger Pitiglianos kaum um ihre Rechte und Freiheiten beraubt, was auch auf die Loyalität der Bürger Pitiglianos zurückzuführen war. Im 19 Jahrhundert war jeder fünfte Bürger Pitiglianos Jude. 1861 erhielten Juden in ganz Italien die vollen Bürgerrechte. Für Pitigliano bedeutete dies, dass viele Juden die Stadt verließen, da sie nun im ganzen Land sicher leben konnte – bis Mussolini 1938 Rassengesetze erließ und der Holocaust schließlich auch Italien traf. Ein kleiner Lichtblick in der tragischen Geschichte: ein Großteil der in Pitigliano lebenden Juden konnte von der Bevölkerung gerettet werden. Dennoch verfielen die Synagoge und das jüdische Viertel nach dem Ende des Faschismus und wurden erst später aufwändig restauriert und können heute als Museum besichtigt werden.

Ein Tag in Pitigliano

So spannend die Geschichte Pitiglianos auch ist, ist der Ort auch einen Besuch wert, wenn du durch pittoreske Gassen schlenderst, die Aussicht genießt und richtig gut Essen möchtest. In den Altstadtgassen findest du unzählige süße Geschäfte mit Handwerkskunst, Bekleidung und Delikatessen, noch dazu kannst du in spektakulärer Lage ein Getränk oder ein Abendessen genießen. Besichtigen kannst du zudem den Palazzo Orsini und die Burg, die Kathedrale, das Aquädukt, die Kirche San Rocco und die Vie Cave.

An heißen Tagen empfehle ich einen Besuch am Nachmittag oder Abend, dann liegen die Gassen im Schatten. Dies empfiehlt sich besonders, wenn man wie wir mit Hund in Pitigliano unterwegs ist. Rundherum gibt es zudem einige Aussichtspunkte, manche sind auch zu Fuß vom Stadtzentrum aus erreichbar. Besonders eindrucksvoll ist die Stadt im Dunkeln, wenn sie sich durch die sanfte Beleuchtung von der Umgebung absetzt. Ein Anblick, den ich so schnell nicht vergessen werde.

Sorano: Das Matera der Toskana

Nur einen Steinwurf von Pitigliano entfernt findest du Sorano. Auch dieser Ort thront hoch oben über einer Schlucht auf roten Tuffstein gebaut. Sorano wird auch als das Matera der Toskana bezeichnet, da du auch hier die typischen Höhlen findest, die unter die Stadt in den Stein gegraben wurden.

Genau wie auch Pitigliano hat Sorano einen etruskischen Ursprung und wird aufgrund seiner bedeutenden Siedlungs- und Nekropolenfunde besucht. Nicht im Stadtzentrum aber in direkter Umgebung findest du den sehenswerten Archäologischen Park, der einzig in seiner Art ist und in dem du die Tomba Ildebranda, das Grab der geflügelten Dämonen, die Felsensiedlung San Rocco und die Vie Cave besichtigen kannst.

Im Stadtzentrum findest du dagegen die Bastionen und die imposante Rocca Orsini, die die damals herrschende Adelsfamilie Aldobrandeschi zu Verteidigungszwecken bauen ließ. Direkt gegenüber liegt der "Masso Leopoldino", ein weiterer Vorposten alten Ursprungs. Und wie Pitigliano, so besitzt auch Sorano ein verlassenes jüdisches Ghetto. Oder du lässt dich einfach treiben und folgst den schmalen, verzweigten Gassen. Immer wieder öffnet sich der traumhafte Blick in die Landschaft.

Tipp: Von Sorano aus kannst du einen Rundweg laufen, der dich an interessante Orte wie Höhlen und Ausgrabungsstätten sowie einen wahnsinnig schönen Aussichtspunkt führt. Er lässt sich in ein- bis eineinhalbstunden gehen. Am Aussichtspunkt sind schöne Picknickplätze eingerichtet.

Sovana: Perle im Schatten

Sovana mag nicht ganz so spektakulär sein wie die berühmten Nachbarstädte, dennoch kann ich dir einen Besuch nur ans Herz legen. Genau genommen ist Sovana eine sehr langgezogene Gasse mit einem zentralen Platz, dem Piazza del Pretorio, genau in der Mitte. Doch zählt zum einen eben dieser Platz zu den schönsten Italiens, zum anderen verströmt die Gasse einen Charme, der seines Gleichen sucht. In der Kathedrale San Pietro und seiner Krypta werden übrigens die Reliquien des Hl. Mamiliano gehütet, der die Stadt einst evangelisierte. Zudem kannst du das Museo di San Mamiliano besuchen. Da Sovana etwas im Schatten der Nachbarstädte steht, geht es hier sehr ruhig zu. Viele Besucher kommen tagsüber, weswegen manche Restaurants durchgängig geöffnet sind und nicht nur Mittag- und Abendessen, wie es in der Region eigentlich üblich ist, anbieten. Ich empfehle dir, genug Zeit mitzubringen, um in eines der Cafés oder Restaurants einzukehren. Besonders empfehlen kann ich dir die Weinstube Vino al Vino.

Die etruskischen Nekropolen im Archäologischen Park von Sovana

Da sich Sovana in kurzer Zeit erkunden lässt, lohnt es sich hier besonders, auch die Nekropolen zu besuchen. Wir haben den Archäologischen Park von Sovana besucht, der an der "Strada Provinicale Sovana" keine zwei Kilometer vom Ortszentrum entfernt liegt und zudem ausreichend Parkmöglichkeiten bietet. Neben den faszinierenden und tausende Jahre alten Grabstätten, die gut zugänglich sind, ist ein weiteres Highlight die Via Cava, eine in Kalkstein gehauene, mystische Schlucht, an dessen Wänden sich sogar noch alte Schriftzeichen finden lassen. Geöffnet ist der Park täglich von April bis Oktober. Im März und Oktober öffnet er seine Tore nur am Wochenende, von Dezember bis Februar ist er gänzlich geschlossen. Der Eintritt kostet 5 Euro pro Person.